Nichtabmelden für Raucherpausen ist Arbeitszeitbetrug

Nichtabmelden für Raucherpausen ist Arbeitszeitbetrug

Unterlässt ein Arbeitnehmer es systematisch, sich für Raucherpausen von der Arbeit abzumelden,

stellt dies eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar.

Sowohl der Arbeitszeitbetrug als auch der regelmäßige Verstoß gegen die Weisung, Arbeitszeiten korrekt zu erfassen,

berechtigen den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung (LAG Thüringen, Urteil vom 03.05.2022, Aktenzeichen 1 Sa 18/21).

Der Fall

Die 1962 geborene Arbeitnehmerin war seit 1990 bei einem Arbeitsamt (später: Bundesagentur für Arbeit)

beschäftigt und seit 2016 dem Jobcenter des Landkreises B. als Arbeitsvermittlerin zugewiesen.

Im Jobcenter galt eine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit.

Danach ist die Arbeitszeit bei jedem Betreten oder Verlassen der Dienstgebäude zu erfassen,

ebenso Pausen (Raucherpausen, Pausen in der Kantine sowie in den Sozialräumen oder am Arbeitsplatz).

Am 26.02.2018 bestätigte die Arbeitsvermittlerin mit Unterschrift, dass sie durch ihre Teamleiterin

zur Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit bei Dienstreisen und zur Buchung von Pausenzeiten belehrt worden sei.

Im Januar 2019 stellte die Vorgesetzte der Vermittlerin Unregelmäßigkeiten bei deren Arbeitszeiten fest.

Beim Auswerten der Zugangskarte der Arbeitnehmerin zum Dienstgebäude ergab sich,

dass diese in der zweiten und dritten Januarwoche bis zu vier Pausen pro Tag nicht verbucht hatte.

An drei Tagen (17., 18. und 21. Januar) hatte sie gar keine Pausen verbucht,

aber im gleichen Zeitraum ihre Karte bis zu sieben Mal pro Tag für den Zugang zum Dienstgebäude benutzt.

Am 22. Januar 2019 ersuchte die Arbeitgeberin sie um Stellungnahme.

Die Arbeitsvermittlerin gab zu, dass sie die Raucherpausen,

die sie als nikotinabhängige Raucherin täglich benötige, nicht erfasst habe. Sie versprach Besserung.

Die Arbeitgeberin, die Arbeitsagentur C, sprach Anfang Februar eine fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung aus.

Der zuständige Personalrat der Arbeitsagentur war angehört worden hatte beiden Kündigungen zugestimmt.

Die Entscheidung des Gerichts

Übereinstimmend mit dem Arbeitsgericht 1. Instanz erklärte das Landesarbeitsgericht (LAG)

die fristlose Kündigung für unwirksam, aber die fristgerechte Kündigung für wirksam.

Ein Arbeitszeitbetrug, bei dem ein Mitarbeiter vortäuscht, für einen näher genannten Zeitraum seine Arbeitsleistung

erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall ist,

stelle eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar.

Dies erfülle an sich den Tatbestand des wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung im Sinne von § 626 Abs 1 BGB.

Auch die ''hartnäckige Missachtung'' der Anweisung, bei Raucherpausen auszustempeln,

sei geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen.

Soweit die Arbeitnehmerin sich darauf berufen hatte, nikotinsüchtig zu sein,

möge dies allenfalls die Anzahl der Raucherpausen erklären,

nicht aber die Verletzung der Pflichten zu deren ordnungsgemäßer Dokumentation.

Aus Sicht des Gerichts war auch eine Abmahnung entbehrlich, denn es habe einer der Fälle vorgelegen,

in denen der Arbeitnehmer schlechterdings nicht davon ausgehen durfte, der Arbeitgeber werde sein Fehlverhalten hinnehmen.

Die Pflichtverletzung betreffe den Vertrauensbereich.

Da die Klägerin ihre Pflicht zur Buchung von Raucherpausen kannte, angesichts der Schwere des Vertrauensbruchs

und der auch strafrechtlichen Relevanz ihres Verhaltens (Arbeitszeitbetrug ist Betrug im Sinne von § 263 StGB)

konnte sie nicht davon ausgehen, dass die Arbeitgeberin ihr Fehlverhalten hinnehmen würde.

Das Gericht setzte sich auch mit einer von der Arbeitnehmerin angeführten Entscheidung des LAG Hamm auseinander,

wo das Gericht entschieden hatte, dass der Arbeitgeber bei unterlassenem Ausbuchen von Raucherpausen

erst eine Abmahnung hätte aussprechen müssen (LAG Hamm 17.3.2011, Az: 8 Sa 1854/10).

In dem Fall hatte der Arbeitgeber über einen Zeitraum von sechs Wochen 11 Arbeitszeitverstöße ''gesammelt'',

bevor der den Mitarbeiter damit konfrontiert hatte.

Die Entscheidung sei mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar, denn hier seien in wenigen Tagen

20 nicht gebuchte Pausen aufgelaufen. Bis zu sieben Pausen täglich.

Hier habe der Arbeitgeber kaum die Möglichkeit gehabt, den Schaden durch ein früheres Eingreifen gering zu halten.

Quelle

Bund Verlag

Datum der Aktualisierung

27.03.2024

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