Pflichten bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz

Pflichten bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz

In Deutschland hat jede zweite befragte Person sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt.

Sexuelle Belästigung kann unabhängig von Branche und beruflicher Position am Arbeitsplatz stattfinden.

Sie betrifft mehrheitlich Frauen, aber auch Männer sowie Trans* und intergeschlechtliche Personen können betroffen sein.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ausdrücklich.

Das Gesetz beschreibt sexuelle Belästigung als unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten,

das die Würde der betroffenen Person verletzt.

Wie wirkt sich sexuelle Belästigung auf die Betroffenen und den Betrieb aus?

Sexuelle Belästigung wirkt sich sowohl auf die physische als auch auf die psychische Gesundheit von Betroffenen aus.

Das kann von Angst, Scham und Ekel bis hin zu Schlafstörungen und Depressionen reichen.

Dabei kann zwischen kurzfristigen und langfristigen Folgen unterschieden werden.

Sexuelle Belästigung kann dazu führen, dass die Arbeitsmotivation von Betroffenen beeinträchtigt wird,

sie unkonzentriert sind oder krank werden.

Das ist vor allem dann der Fall, wenn sich belästigte Personen nicht trauen,

sich zu beschweren oder ihre Beschwerde nicht ernst genommen wird.

Das führt oft dazu, dass betroffene Personen sich gezwungen sehen zu kündigen oder arbeitsunfähig werden.

Sexuelle Belästigung hat aber nicht nur individuelle Folgen. Sexuelle Belästigung schadet dem Betriebsklima insgesamt

und kann die gesamte Belegschaft sowie den Ruf des Betriebs negativ beeinflussen.

Schutzpflicht

Nach dem AGG hat jeder Arbeitgeber seinen Beschäftigten gegenüber eine Schutzpflicht (§ 12 AGG).

Demnach sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, sexuelle Belästigung zu verhindern.

Das bedeutet einerseits, dass durch Information und Prävention sexuelle Belästigung verhindert wird.

Andererseits muss nach einem Vorfall durch Sanktionen und andere Maßnahmen

der künftige Schutz der betroffenen Person gewährleistet werden.

Beschwerdestelle und Informationspflicht

Alle Arbeitgeber sind verpflichtet, eine Beschwerdestelle für betroffene Beschäftigte einzurichten.

Die Stelle bzw. Person (einschließlich Orte und Zeiten der Anlaufstellen) müssen allen Beschäftigten bekannt gemacht werden.

Die Information sollte mindestens über einen Aushang oder eine E-Mail erfolgen.

Die Beschwerdestelle ist verpflichtet, jeder Beschwerde nachzugehen.

Sie ist auch verpflichtet, den Arbeitgeber über jede Beschwerde zu informieren.

Gleichzeitig gilt das Maßregelungsverbot (§ 16 AGG). Beschäftigten, die eine Beschwerde einreichen,

dürfen dadurch keine Nachteile entstehen, unabhängig davon, ob die Beschwerde begründet oder unbegründet ist.

Im Beschwerdefall

Arbeitgeber müssen bei einer Beschwerde auf jeden Fall handeln.

Sexuelle Belästigung sollte nicht als Problem von Einzelpersonen, sondern als Problem des gesamten Betriebs verstanden werden.

Sie schadet dem Betriebsklima und der Produktivität der Beschäftigten.

Ein geregeltes Beschwerdeverfahren ist eine wichtige Voraussetzung

für einen verantwortungsvollen Umgang mit Vorfällen von sexueller Belästigung.

Im Beschwerdefall stellt neben allgemeinen Verfahrensregeln

vor allem auch die praktische Handhabe der Beschwerde eine Herausforderung für Arbeitgeber dar.

Der Umgang und die Prüfung einer Beschwerde sollten deshalb praxisnah und detailliert geregelt bzw. vorbereitet sein.

Das Erstgespräch

Im Erstgespräch sollten Arbeitgeber darauf achten, den Vorfall so gut wie möglich zu erfassen.

Das Gespräch sollte transparent sein und der betroffenen Person Sicherheit geben.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Menschen eine Beschwerde einreichen, nur um anderen zu schaden.

Denn, Beschwerden über sexuelle Belästigung kosten die Betroffenen viel Energie.

Doppelrolle bei der Schutzpflicht

Grundsätzlich befinden sich Arbeitgeber in einer Doppelrolle.

Sie haben eine Schutz- und Fürsorgepflicht gegenüber allen Beschäftigten.

Im Falle einer Beschwerde bedeutet das:

Schützen Arbeitgeber die betroffene Person nicht, machen sie sich schadenersatzpflichtig.

Sind die Sanktionen gegenüber der belästigenden Person unverhältnismäßig,

haften Arbeitgeber gegenüber diesen Beschäftigten.

In der Praxis kann das dazu führen, dass Arbeitgeber nichts tun, um keine Fehler zu machen.

Das ist rechtlich aber immer falsch.

Um die Verhältnismäßigkeit von Sanktionen zu gewährleisten, müssen Arbeitgeber das mildeste Mittel ergreifen.

Das heißt: Maßnahmen und Sanktionen einleiten, die sexuelle Belästigung beenden

und eine gute Zusammenarbeit im gesamten Betrieb sichern.

Das Personalgespräch

Im akuten Belästigungsfall müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Benachteiligung durch die belästigende Person aufhört.

Gleichzeitig ist es wichtig, sich als Arbeitgeber ein vollständiges Bild zu machen.

Der erste Schritt sollte deshalb immer ein Personalgespräch mit der beschuldigten Person sein.

So kann auch die beschuldigte Person Stellung beziehen.

Das Personalgespräch dient der Klärung des Sachverhalts.

Bestätigt sich die Beschwerde, sind entsprechende Maßnahmen und Sanktionen vorzunehmen.

Bestreitet die beschuldigte Person den Vorwurf, ist die Situation komplizierter.

Können Arbeitgeber nicht mit letzter Sicherheit sagen,

wem sie glauben sollen, können externe Ansprechpartner hinzugezogen werden:

Konfliktberatungen, Frauen- und Antidiskriminierungsberatungsstellen, psychologische und anwaltliche Beratung.

Maßnahmen und Sanktionen im Belästigungsfall

Es gibt verschiedene Maßnahmen und Sanktionen, mit denen Arbeitgeber auf sexuelle Belästigung reagieren können.

Diese Mittel sind an unterschiedliche Bedingungen geknüpft.

Das bedeutet, der Umgang mit sexueller Belästigung hängt von der Schwere und der Nachweisbarkeit des Vorfalls ab.

Das AGG verlangt von Arbeitgebern, dass sie im Einzelfall geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen ergreifen,

damit betroffene Beschäftigte in Zukunft vor sexueller Belästigung geschützt sind.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, mit sexueller Belästigung umzugehen:

Prävention, Ermahnung, Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung (§ 12 Abs. 3 AGG).

Grundsätzlich haben Arbeitgeber einen eigenen Ermessensspielraum,

mit welchen Maßnahmen sie auf eine sexuelle Belästigung reagieren.

Bei schweren Vorfällen reduziert sich dieser Anspruch.

Dann haben betroffene Beschäftigte

unter Umständen sogar einen Anspruch auf Kündigung der belästigenden Person.

Arbeitgeber sollten deshalb die Schwere des Vorfalls und die entsprechenden Maßnahmen sorgfältig prüfen und bewerten.

Bei einem konkreten Vorfall sind Prävention und Ermahnung die mildesten Mittel.

Sie sind aber nur dann geeignet, wenn die Darstellungen

der belästigten und der belästigenden Person glaubhaft, aber widersprüchlich sind.

Eine Abmahnung ist das mildeste Mittel, wenn die sexuelle Belästigung nachweislich stattgefunden hat.

Grundsätzlich entscheidet aber immer der Einzelfall.

Was können Arbeitgeber bei sexueller Belästigung durch Dritte tun?

Die Schutzpflicht der Arbeitgeber bezieht sich gemäß § 12 Abs. 4 AGG auch auf sexuelle Belästigung durch Dritte.

Das heißt: Werden Beschäftigte zum Beispiel durch einen Vertragspartner sexuell belästigt,

müssen Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen.

In erster Linie müssen sie dafür sorgen, dass die sexuelle Belästigung in Zukunft unterbleibt.

Die Schutzpflicht des Arbeitgebers ist in vielen Fällen bereits erfüllt, wenn die belästigte Person woanders eingesetzt wird,

sodass sie der belästigenden Person nicht mehr ausgesetzt ist.

Dabei sollte jedoch sichergestellt sein, dass sich das nicht negativ auf die Arbeit

oder die Karrierechancen der betroffenen Person auswirkt.

Arbeitgebern stehen auch noch weitere Mittel zur Verfügung,

auf sexuelle Belästigung durch Kundinnen oder Kunden und Vertragspartner zu reagieren.

Mögliche Schutzmaßnahmen sind Vertragsrüge,

Androhung der Aufkündigung der Geschäftsbeziehung, Aufkündigung der Geschäftsbeziehung.

Achtung:

In Einzelfällen können Arbeitgeber zur Aufkündigung einer Geschäftsbeziehung verpflichtet sein.

Das hängt im Einzelfall von der Schwere des Vorfalls ab.

Weitere Informationen

Quelle

Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Datum der Aktualisierung

10.04.2024

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