Abmahnung

Abmahnung

Die Abmahnung hat viele Gesichter. Einmal soll sie den Weg zur Kündigung ebnen,

ein anderes Mal den Arbeitnehmer vielleicht nur etwas einschüchtern.

Nicht so geläufig ist, dass auch der Arbeitgeber Empfänger einer Abmahnung sein kann.

Trotz ihrer Vielseitigkeit ist die Abmahnung nicht beliebt, schon gar nicht beim Empfänger.

Doch auch potentielle Verfasser schrecken oft vor ihr zurück: Skrupel, Unkenntnis oder Angst vor Ärger und Aufwand.

Die Abmahnung ist neben der Kündigung die bekannteste arbeitsrechtliche Unmutsäußerung.

Trotzdem sind selbst Anwälten oft nicht alle Eigenheiten der unbeliebten ''gelben Karte'' bekannt.

Was ist die Rechtsgrundlage der arbeitsrechtlichen Abmahnung?

Die Abmahnung ist für die verhaltensbedingte außerordentliche (fristlose) Kündigung in § 314 Abs. 2 BGB geregelt.

Die Vorschrift ist entsprechend auch auf ordentliche (fristgerechte) Kündigungen anwendbar.

Daneben ergibt sie sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Wann ist eine Abmahnung entbehrlich?

Eine Kündigung auszusprechen ist ein harter Schritt, der leistungs- oder verhaltensbedingt nicht erfolgen sollte,

ohne den Arbeitnehmer zuvor mit allen Mitteln auf den Pfad der Arbeitstugend zurückzubringen,

um ihn weiter beschäftigen zu können.

Doch manchmal ist eine Abmahnung zwecks Warnung eines Arbeitnehmers

vor härteren Konsequenzen schlicht entbehrlich.

Zwar ist es ein eherner arbeitsrechtlicher Grundsatz, der Kündigung

(jedenfalls der verhaltensbedingten oder der leistungsbedingten) immer eine Abmahnung vorauszuschicken.

Das ergibt sich schon aus der Funktion der Abmahnung, als Hinweis auf die Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens

und der Androhung von Konsequenzen für den Wiederholungsfall.

Doch manchmal darf oder muss es gleich die Kündigung sein.

Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn eine an sich mögliche Verhaltensänderung in der Zukunft nicht zu erwarten ist

oder bei schweren Vertragsverletzungen, bei denen dem Arbeitnehmer bewusst sein musste,

dass sie zur Kündigung führen, oder wenn durch das Fehlverhalten

das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien so erschüttert worden ist,

dass es auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann.

Welches sind die drei Funktionen der Abmahnung?

Dokumentationsfunktion: Die Abmahnung hält einen Pflichtverstoß fest.

Sie ist nicht formgebunden, weshalb sie auch mündlich erteilt werden kann.

Um Nachweisschwierigkeiten und Unklarheiten hinsichtlich des Inhalts von vornherein auszuschließen,

wird die Abmahnung meist schriftlich erteilt und in der Personalakte abgeheftet.

Hinweisfunktion: Dem Arbeitnehmer soll aufgezeigt werden, dass ein ganz bestimmtes Verhalten,

das konkret in der Abmahnung bezeichnet ist, aus Sicht des Arbeitgebers einen nicht duldbaren Pflichtverstoß darstellt.

Warn- und Androhungsfunktion: Durch Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (Kündigung)

wird dem Arbeitnehmer - oder dem Arbeitgeber - bedeutet, dass ein fortgesetzter bzw. wiederholter Verstoß

gegen die konkret in der Abmahnung gerügten arbeitsvertraglichen Pflichten das Arbeitsverhältnis in seinem Bestand gefährdet.

Je nach Perspektive des Betrachters ist die Abmahnung demnach dazu da, das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten

oder eine verhaltensbedingte Kündigung bei einem gleichgelagerten Pflichtverstoß vorzubereiten.

Was muss in einer Abmahnung stehen?

Wesen der Abmahnung ist es, den Arbeitnehmer in deutlicher Form auf Leistungs- oder Verhaltensmängel

hinzuweisen und zu verdeutlichen, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Eine Abmahnung muss grundsätzlich folgende vier Bestandteile aufweisen:

  • Konkrete Benennung des beanstandeten Verhaltens, (Beispiel: ''Am Montag, 23. Februar 2009,
    haben Sie Ihre Arbeit erst um 8.45 Uhr und damit 75 Minuten verspätet aufgenommen.'')
  • Rüge dieser Pflichtverletzung, (Beispiel: ''Damit haben Sie gegen § 6 Ihres Arbeitsvertrages verstoßen.'')
  • eindringliche Aufforderung zu künftigem vertragstreuem Verhalten,
    (Beispiel: ''Wir erwarten, dass Sie Ihre Arbeitszeiten künftig einhalten und Ihre Arbeit pünktlich aufnehmen.'')
  • Androhung eindeutiger arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall.
    (Beispiel: ''Für den Wiederholungsfall behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte vor,
    die bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen können.'')

Wichtig: Die Warnfunktion einer Abmahnung kann erheblich dadurch entwertet werden, dass der Arbeitgeber

bei weiteren neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers wiederholt Abmahnungen ausspricht und dabei

jeweils nur mit einer Kündigung droht, ohne die Kündigung im Wiederholungsfall tatsächlich auszusprechen.

Wie konkret muss eine Abmahnung sein?

Eine Abmahnung darf nicht pauschal formuliert sein. Sie muss das Fehlverhalten eines Mitarbeiters konkret benennen.

Der Arbeitgeber muss außerdem genau darlegen, gegen welche Vorschrift der Betroffene verstoßen hat.

Allgemeine Hinweise, etwa auf Verschwiegenheitspflichten, reichen nicht.

Kann mehrfaches Abmahnen als Mobbing gewertet werden?

Berechtigte Abmahnungen sind kein Mobbing.

Wird ein Mitarbeiter immer wieder vom Chef abgemahnt, ist das noch kein Beweis für Mobbing.

Das gilt auch dann, wenn sich einige Abmahnungen im Nachhinein als unwirksam erweisen.

Der Vorwurf des Mobbings ist nur begründet,

wenn sich dem Chef verwerfliche Motive für das Abmahnen nachweisen lassen.

In dem Fall hatte ein Mitarbeiter innerhalb von vier Monaten neun Abmahnungen erhalten.

Gibt es eine Vorstufe oder Softvariante zur Abmahnung?

Das Arbeitsrecht hält verschiedene, teils abgestufte Reaktionsmöglichkeiten bereit,

um den Unmut über eine Vertragspartei (oft ist der Adressat der Arbeitnehmer), zum Ausdruck zu bringen.

Die Ermahnung ist weniger massiv als die Abmahnung.

Will der Arbeitgeber deutlich werden über die Missbilligung eines Verhaltens des Arbeitnehmers,

aber noch nicht wirklich massiv auftreten, ist die Ermahnung, besonders in Schriftform, ein geeignetes Mittel.

Abgrenzung zur Abmahnung: Die Ermahnung ist von der Abmahnung sowohl in der Intensität

als auch in den Rechtsfolgen zu unterscheiden. Sie ist - zunächst ohne rechtliche Relevanz - die Mitteilung

des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer, dass er unzufrieden ist und weshalb.

Schon auf Grund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist besonders bei reinen Unzufriedenheiten

und unerheblichen Vertragsverstößen (Vergesslichkeit, einmaliges Vergreifen im Umgangston)

generell das mildere Mittel der Ermahnung angebracht.

Kann man zu früh oder zu spät abmahnen?

Ja. Manchmal wird das Pulver zu früh verschossen. Mit der Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber

für den betreffenden Fall auf sein Kündigungsrecht. Sofern ihm nach Zugang der Abmahnung

bei dem Arbeitnehmer keine neuen Tatsachen bekannt werden, kann er den Arbeitnehmer,

selbst wenn die Verfehlung gravierend war, mehr nicht allein wegen des abgemahnten Sachverhalts kündigen

(BAG vom 06.03.2003, 2 AZR 128/02), sondern nur noch im Wiederholungsfall,

wenn der erneute Vertragsverstoß mit dem abgemahnten Verstoß gleichartig ist.

Zu spät kommt die entwertete Abmahnung. Die Abmahnung kann an Kraft verlieren, wenn sie zu lange zurückliegt.

Eine Abmahnung kann durch Zeitablauf entwertet werden, wenn nach dem letzten Fehlverhalten zu lange Zeit

vergangen ist, ohne dass ein weiteres begangen wurde.

Nach ca. 2-3 Jahren ist die Luft raus und man kann sich bei einer Kündigung wegen eines neuen Fehlverhaltens

nicht mehr auf sie berufen (BAG, Urteil vom 16.09.2004, 2 AZR 406/03).

Dann hat sich juristisch gesehen der Mantel des Vergessens über den Sachverhalt gelegt.

Was kann ein abgemahnter Arbeitnehmer gegen die Abmahnung unternehmen?

Die Abmahnung beeinträchtigt den Arbeitnehmer in seinem Persönlichkeitsrecht.

Er kann wie folgt auf eine Abmahnung reagieren:

  • Aufforderung an den Arbeitgeber, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen,
  • Gegenvorstellung gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG zu der Personalakte reichen,
  • Beschwerde beim Betriebsrat oder auch beim Arbeitgeber wegen ungerechter Behandlung nach §§ 84, 85 BetrVG,
  • gar nichts zu tun, aber später bei einem eventuellen Kündigungsschutzprozess vortragen,
    dass die (damalige) Abmahnung zu Unrecht erfolgt sei,
  • Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Wann besteht ein Entfernungsanspruch?

Der Arbeitnehmer kann bei einer unberechtigten Abmahnung verlangen, diese aus der Personalakte zu entfernen

(BAG, Urteil vom 27.11.2008, 2 AZR 675/07).

Das Gleiche gilt, wenn die Abmahnung durch Zeitablauf ihre Wirkung verloren hat.

Wenn in einem Abmahnungsschreiben mehrere Pflichtverletzungen abgemahnt werden,

dies aber nur für einen Teil von ihnen berechtigt ist, muss das Abmahnungsschreiben auf Verlangen des

Arbeitnehmers vollständig aus der Personalakte entfernt werden und kann nicht teilweise aufrechterhalten bleiben.

Der Arbeitgeber kann dann aber eine neue Abmahnung, beschränkt auf die zu Recht gerügten Pflichtverletzungen,

aussprechen (BAG, Urteil vom 13.03.1991, 5 AZR 133/90).

Eine ursprünglich berechtigte Abmahnung kann durch Zeitablauf gegenstandslos werden.

Das ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich anschließend längere Zeit einwandfrei verhalten hat

(BAG, Urteil vom 18.11.1986, 7 AZR 674/84, DB 1987, 1303).

Eine Regelfrist hierfür lässt sich nach Ansicht des BAG nicht aufstellen,

sondern nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilen.

Ist eine Abmahnung durch Zeitablauf gegenstandslos und damit für die weitere Beurteilung

des Arbeitnehmers überflüssig geworden, überwiegt in der Regel

das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und sie ist aus der Personalakte zu entfernen.

Quelle

Haufe

Datum der Aktualisierung

12.04.2024

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